Sonntag, 25. Oktober 2009

Wir wollen raus! - Fluchtgeschichten- Teil 1- Spektakuläre Fluchten aus der DDR


04.Mai.1987
- Frau Trauzettel versteckt ihren 4jährigen Sohn Mike in einer großen Einkaufstasche auf einem Einkaufsroller (der Kopf des Jungens war nur mit einem Handtuch zugedeckt). Beiden gelang die Flucht in den Westen, da die Frau eine Genehmigung für einen kurzen Aufenthalt im Westen hatte und es bei solchen Angelegenheiten nur sehr selten Kontrollen gab. Später waren sie im Westen nicht mehr auffindbar.

1987
- Helke Dittrich, 25 Jahre, versteckte sich im Inneren zweier aufeinandergelegten innen hohlen Surfbrettern. Ihr Freund Ulrich Werner, 27 Jahre, fuhr den Renault Fuego, auf dessen Gepäckträger die Bretter geschnallt waren, sicher über die Grenze. Flucht war gelungen!

15.August.1961
- Der erste Volksarmist sprang über die Grenze (Stacheldraht). Dabei wurde er zufällig fotografiert und dieses Foto ging um die Welt.(Viele DDR-Bürger wurden daraufhin Grenzsoldaten mit der Hoffnung größere Chancen zur Flucht zu haben.)

23.November.1961
- „Verspätung in Marienborn“
Ein 20jähriger sprang auf einen US-Militärszug auf, er zerschlug die Scheiben und bat andere Mitfahrer um Hilfe und Unterstützung. Die Sowjets merkten dies sofort und wollten den Zug durchsuchen. Erst nach 16Std. Aufenthalt in Marienborn übergab die US-Militärskommission nach langen Diskussionen mit den Sowjets den Mann an sie. Die Flucht war mißlungen.

18.April.1962
- Klaus Brüske wollte seinen mit Flüchtlingen beladenen LKW durch die Grenze hindurchfahren. Im hektischen Kugelhag en, wurden sie festgenommen.


1962
- Ein Mann ließ sich von einer Freundin eine Uniform aus der BDR schicken – sie saß perfekt. Er studierte den sowjetischen Gruß, bis er auch den perfekt konnte. Schließlich maschierte er einfach so in den Westen.

12.Mai.1963
- 12 Ostberliner versuchen mit einem BVG-Bus die Grenze zu durchfahren. Sie kommen in den Kugelhagel und halten an – sie geben auf. Vier von ihnen sind schwer verletzt. Die Flucht scheitert.

17.September.1963
- Ein Postangestellter flüchtet mit zwei Freunden in einem Lastwagen. Sie rasen durch drei Stacheldrahtzäune und prallen gegen die Eingangstür eines Westberliner Hauses. Diese Flucht gelingt.

1964
- Im kleinsten Automobile „Isetta“ verstecken sich neun Flüchtlinge, wo sonst Heizanlage und Batterie sind. Die Flucht gelang, weil niemand diesen Autotyp kontrollierte, da es unmöglich schien dort Personen zu verstecken.

1964 -1969
- Kurt Wordel schleuste in seinen drei PKW `s vom Typ VW 1200 insgesamt 400 Personen über die Grenze. Sie hielten sich im Kofferraum oder in ausgebauten Seitenverstecken auf.

1964
- Die größte Massenflucht gelang in einem selbstgegrabenen Tunnel, dieser war 45m lang und verlief in 12m Tiefe. Der Einstieg war ein Toilettenhaus im Hinterhof von Ost- Berlin und der Ausstieg war im Keller einer ausgedienten Bäckerei (vom Initiator gemietet) in West- Berlin. Nach einem halben Jahr harter Arbeit konnten schließlich 57 Menschen durch diesen Tunnel fliehen.

09.September.1968
- Bernd Böttger, 28 Jahre, baut sich aus einem Fahrradhilfsmotor ein Mini- U- Boot und ließ sich damit durch die Ostsee nach Dänemark ziehen (25km in 5Std.). Von einer westdeutschen Firma wird der Erfinder sofort eingestellt, um ein Serienmodell zu entwickeln, das für die Rettungsdienste eine Revolution werden sollte.

1970
- Ein Franzose bastelt seiner Braut ein Versteck aus zwei Koffern. Der Franzose und seine Freunde fuhren mit dem Zug Richtung Westen. Die Freundin stieg zu und kroch in ihr Versteck, wo sie 70min. verweilen mußte, bis sie alle im Westen waren.

1971
- Ein 24 jähriges Mädchen stieg, während eines Umzugs eines Bekannten in den Westen, in seine Musiktruhe. Durch einen glücklichen Zufall wurde sie an der Grenzkontrolle übersehen. Niemand wußte von ihrer Aktion, welche gelang.

1977
- Der holländische Sänger Theodorus Kerk, welcher überall sehr beliebt war, wollte seiner Freundin Renate Hagen helfen in den Westen zu kommen. Er versteckte die Artistin in einer der Lautsprecherboxen. Die Grenzposten achteten nicht auf die Boxen, da der Mann sehr berühmt war, und die Flucht gelang.

1979
- Zwei Familien flohen in einem Heißluftballon in den Westen. Der Erbauer eignete sich alle Kenntnisse allein durch Fachliteratur an und testete selbst verschiedene Stoffe und Brennmaterialien. In 28min. legten sie 40km zurück und erreichten sicher ihr Ziel.

-In einem Haus in der Bernauer Straße genau an der Grenze zu West will eine alte Frau aus dem Fenster flüchten und es ergibt sich ein Gedränge zwischen Ost- und Westpolizei, während die Frau in der Luft hängt. Ein Ostpolizist feuert eine Rauchpatronesab, wodurch die Frau fallengelassen wird und im Westen stirbt.

-Dieter Jentzen, ein 25 jähriger Volksarmist, sprang aus 8m Höhe in den Westen. Er zog sich schwere Fußverletzungen zu und lag 2 Jahre im Westen im Krankenhaus.

-Bei Heringen flüchteten drei Volksarmisten mit ihrem Panzerspähwagen. Sie waren schwer bewaffnet. Sie wußten wo die ausbesserungsbedürftigen Stellen an der Grenze waren und rasten so durch den Stacheldraht in den Westen.

-Ein Artist hangelte sich mit Hilfe eines Holzgestelles an einer 11000 Volt geladenen Hochspannungsleitung
entlang nach Westen. Dort sprang er aus 12m Höhe und brach sich beide Arme, jedoch war die Flucht gelungen.

-Ein anderer Mann versteckte sich im Bauch einer Plasikkuh, welche als Ausstellungsstück in den Westen transportiert wurde. Der Mann blieb unbemerkt und seine Flucht gelang.

-Ein 23jähriger Mann schmuggelte seine 17jährige Freundin in einer Kabeltrommel in den Westen . Die Flucht war gelungen, jedoch kehrte das Mädchen auf das Bitten und Drängen seiner Eltern wieder zurück in den Osten. Für sie hatte der Vorfall keine Konsequenzen, jedoch war somit das Fluchtmittel aufgedeckt.

-Als die Fluchtwellen immer größer wurden, ließ man Metallspitzenmatten am Boden Mauer angrenzender Häuser und Gewässer auslegen, wodurch es zu vielen schweren Verletzungen kam. Ein Taucher jedoch „operierte“ mal ein Stück dieser Matte heraus, wodurch etwa 14 Personen die Flucht unter Wasser gelang.


Strafverfolgung von Flüchtlingen Im Strafgesetzbuch (StGB) von 1975 gab es drei Paragraphen, die sich mit der Problematik befaßten:

§ 254- Fahnenflucht
- Dieser galt nur für Angehörige des Militärs.
Man beging Fahnenflucht, wenn man die Dienststelle, die Truppen oder einen anderen für sich bestimmten Aufenthaltsort verließ oder ihm fernblieb, um sich dem Wehrdienst zu entziehen. Die Folge waren 1-6 Jahre Haft, in besonders schweren Fällen auch 2-10 Jahre Haft. Besonders schwere Fälle waren, wenn von mindestens zwei Personen Fahnenflucht durchgeführt wurde, man die DDR verlassen oder in ihr bleiben wollte. Vorbereitung und Versuch der Fahnenflucht waren strafbar.

§ 213- ungesetzlicher Grenzübertritt
- Das widerrechtliche Verlassen des Staatsgebietes der DDR wurde mit 1-2 Jahren Haft (auch auf Bewährung), einer Geldstrafe oder einem öffentlichem Tadel bestraft. In schweren Fällen gab es auch 1-5 Jahre Haft, aber nur wenn Grenzanlagen beschädigt wurde, Werkzeuge mitgeführt oder benutzt wurden, wenn Ausweise oder Grenzüberschrittsdokumente gefälscht oder mißbraucht wurden oder wenn man deswegen schon vorbestraft war.
Vorbereitung und Versuchdessen war strafbar.
-ab 1986 einige Veränderungen in § 213
- Es galt als Gesetzesverstoß, wenn man die Staatsgrenze widerrechtlich passierte oder nicht fristgemäß in die DDR zurückkehrte. Vorbereitung und Versuch waren strafbar. Die Folge waren bis zu 2 Jahre Haft und in schweren Fällen 1-8 Jahre Haft. Der Vorbereitung konnte man angeklagt werden, wenn man mit dem Gedanken spielte die DDR zu verlassen und diesen in irgendeiner Form festhielt/aussprach oder wenn man im Sperrgebiet erwischt wurde. Wenn man auf einen Grenzer schoß oder sich mit anderen Waffen gegen die Festnahme wehrte, konnte dies zu lebenslanger Haft führen.

§ 105- staatsfeindlicher Menschenhandel
- Jemand, der Bürgern der DDR half in außerhalb des Staates liegende Gebiete zu gelangen, sie verschleppte, ausschleuste oder deren Rückkehr verhinderte, wurde mit mindestens 2 Jahren Haft bestraft, in schweren Fällen konnte man auch lebenslänglich bekommen. Alles in allem sind viele Fluchten gelungen und gleichzeitig wurden viele Opfer gefordert.

Ein großes Problem war, dass wenn eine Flucht scheiterte gleichzeitig auch ihre Methode/Fluchtmittel bekannt wurde und somit das Sicherheitssystem und die Kontrollen an Grenzen aber auch allgemein verschärft wurden und es im Laufe der Zeit immer schwieriger wurde zu flüchten. Aber in der Notsituation waren die Menschen am kreativsten und mutigsten. Aber ohne die Hilfe und den Schutz der West- Berliner/- Polizei/- Grenzsoldaten wären mehr Flüchtlinge gescheitert. Denn kaum stand man mit beiden Beinen im Westen konnte man sofort Sicherheit und Unterstützung erwarten.

Quelle: salvator.net (Referat)


1 Kommentar:

  1. Ich möchte allen Interessierten dieses Buch nahelegen: http://www.epubli.de/shop/buch/den-F%C3%A4ngen-Stasi-Ellen-G-Reinke-9783869311203/1774

    Die Autorin hatte auch unter diesem Unrechtssystem zu leiden und ihre Geschichte niedergeschrieben. Momentan nimmt sie mit ihrem Buch an einem Wettbewerb teil. Bitte stimmt für das Buch ab, damit es auf der Frankfurter Buchmesse ausgestellt wird und das Wissen über die Stasi weitergetragen wird und nicht einschläft!!!

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